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Schenkungen sind eine Möglichkeit, das eigene Vermögen schon zu Lebzeiten weiterzureichen.
So können Oma und Opa einen Teil ihres Vermögens an die Enkel oder an die Kinder verschenken und reduzieren damit das Erbe.
Eine vollständige Schenkung ist nach Ende der Frist nicht mehr in den Pflichtteilsanspruch des Erbes einzubeziehen.
1. Darum sind Schenkungen an die Kinder eine gute Idee
Eine Schenkung zu Lebzeiten wird meist vorgenommen, wenn das Erbe geschmälert und eine bestimmte Person einen Anteil am Vermögen des künftigen Erblassers bekommen soll.
Zudem ist die Schenkung steuerlich interessant, denn das verringerte Vermögen wird steuerlich weniger belastet.
Verschiedene Gründe können demnach vorliegen, die zu einer Schenkung führen:
- Schenkungen verringern die Pflichtteilsansprüche, sofern sie endgültig sind (daher rechtzeitig schenken!)
- Schenkungen verringern die Erbschaftssteuer (vergleichbare Höhe, aber Schenkungen können alle zehn Jahre unter Berücksichtigung der Freibeträge vorgenommen werden)
- Verschenken von Immobilien zur Befreiung von eigenen Verwaltungs- und Erhaltungsaufgaben (unter Vorbehalt der Nutzungsrechte und zugesicherter Leistungen zur Vorsorge)
Für viele Schenkende ist überdies relevant, dass sie damit selbst in der Hand haben, wer etwas vom eigenen Vermögen bekommt.
Der Sohn hat sich um seine Eltern nicht gekümmert?
Dann bekommt die Tochter einen Teil des Vermögens per Schenkung übertragen. Sind die zehn Jahre um und die Schenkung ist endgültig, ist dieser Teil aus der Erbmasse herausgenommen. Der Sohn kann auch keine Pflichtteilsansprüche mehr geltend machen, zumindest nicht auf diesen Teil.
Es ist zu beachten, dass das, was verschenkt wurde, endgültig weg ist.
Das heißt, dass der Schenkende dies auch nicht zurückfordern kann. Lediglich dann, wenn der Beschenkte die Schenkung freiwillig wieder abgibt oder wenn er sich eine grobe Verfehlung zuschulden kommen lässt, kann der Schenkende seine Vermögenswerte zurückfordern.
Unter eine schwere Verfehlung fallen unter anderem diese Tatbestände:
- körperliche Misshandlung
- schwere Beleidigung
- grundloser Antrag auf Bestellung eines Betreuers für den Schenkenden
Darüber hinaus kann der Schenkende sein Vermögen zurückfordern, wenn er selbst als verarmt gilt. Ansonsten ist es wichtig, eine Rückforderungsklausel in den Schenkungsvertrag aufzunehmen, wenn sich der Schenkende für alle Eventualitäten absichern möchte.
Hierzu ein Beispiel:
Werner und Louise M. haben ihrer Tochter eine Immobilie geschenkt. Sie selbst haben sich das Nießbrauchsrecht vorbehalten und können lebenslang in dem Haus wohnen. Leider verstirbt die Tochter plötzlich. Sie hinterlässt einen Mann, den sie zum Alleinerben bestimmt hatte. Gleichwohl ist dieser nicht gut auf seine Schwiegereltern zu sprechen und soll das Haus verständlicherweise nicht bekommen. Durch die Rückforderungsklausel zugunsten der Eltern bei Vorversterben der Tochter kann die Schenkung wieder rückgängig gemacht werden.
2. Schenkung auf den Todesfall
Die Schenkung wird frühzeitig erklärt, die Übertragung des Vermögens wird jedoch erst bei Eintritt des Todes des Schenkenden vorgenommen. Dies ist eine eher ungünstige Schenkungsart, da hierbei viele Details unter Juristen umstritten sind. Die Vermögensempfänger können sich, wenn Uneinigkeit in der Familie herrscht, wohl auf juristische Streitigkeiten einstellen.
Wichtig ist, dass bei einer Schenkung auf den Todesfall unbedingt ein notariell beurkundeter Vertrag vorliegt, alle anderen Schriftstücke oder Willensbekundungen sind irrelevant.
3. So lässt sich der Pflichtteil bei Schenkung vermindern
Die Erben haben immer einen Pflichtteilsanspruch, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Dieser lässt sich auch durch eine Schenkung nicht verhindern. Auch bei einer Enterbung haben Kinder, Enkelkinder und Ehepartner immer noch das Recht auf ihren Pflichtteil.
Doch: Ist die Schenkung bereits rechtsgültig, was nach Ablauf von zehn Jahren nach Beginn der Frist der Fall ist, werden die Pflichtteilsansprüche gemindert.
Diese können durch die Schenkung so gering wie möglich gehalten werden.
Liegt die Schenkung allerdings weniger als zehn Jahre zurück, muss sie nach § 2325 BGB auf den Pflichtteil angerechnet werden.
Es entsteht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Dazu ein Beispiel:
Frau R. ist Witwe und hat zwei Kinder. Der Sohn hat sich nicht um sie gekümmert, die Tochter hat die gesamte Pflege übernommen. Per Testament wurde die Tochter zur Alleinerbin bestimmt. Kurz vor ihrem Tod überschreibt Frau R. auch noch eine Immobilie an die Tochter, das Erbe ist damit komplett an diese gegangen. Wurde das Grundstück noch vor dem Tod von Frau R. umgeschrieben, gehört es nicht mehr zum Nachlass. Der Sohn kann jedoch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen, in den das Grundstück eingerechnet wird.
Im Gegenzug dazu muss der Sohn, der vor vielen Jahren mehrere Zehntausend Euro von seiner Mutter bekommen hat, diese ebenfalls auf die Pflichtteilsergänzung anrechnen. Je länger die Übertragung des Geldes zurückliegt, desto höher ist der Betrag, der nun angerechnet werden muss.
4. Schenkung durch Vertrag zugunsten Dritter
Durch einen Erbvertrag oder ein Testament kann der Erblasser Vorsorge treffen. Er bestimmt, unter welchen Bedingungen wer sein Vermögen erhält. In dem Zusammenhang sei auf eine weitere Möglichkeit, die das Erbrecht vorsieht, hingewiesen: den Vertrag zugunsten Dritter.
Hierbei schließt der Erblasser einen Vertrag mit einem Versprechenden, der nach dem Tode des Erblassers bestimmte Leistungen erbringen soll.
Ein Beispiel:
Großvater M. schließt einen Vertrag zugunsten Dritte mit seiner Hausband. Diese soll nach dem Tod von M. einen bestimmten Betrag an den Enkel N. auszahlen. Damit bekommt der Dritte – in dem Fall Enkel N. – eine Leistung erst nach dem Tod von M.
Durch einen solchen Vertrag soll geregelt werden, dass der Empfänger der Leistung eine Schenkung ohne weitere Kosten erhält. Dieses Schenkungsversprechen muss allerdings, damit es rechtlich gültig ist, notariell beurkundet werden.
Dabei hat der Vertrag zugunsten Dritter einige Vorteile:
- die Leistung wir aus dem Vermögen heraus erbracht
- die versprochene Leistung gehört nicht zum Nachlass
- der Dritte braucht nicht auf die Testamentseröffnung oder auf den Abschluss des Erbscheinverfahrens zu warten, um seine Leistung zu bekommen
- der Dritte gilt nicht als Erbe und zählt damit auch nicht in eine Erbengemeinschaft
- der Dritte haftet nicht für Schulden des Erblassers
4.1 Ein Beispiel für einen Vertrag zugunsten Dritter
Großvater S. hat eine Lebensversicherung mit Bezugsberechtigung für seine Enkeltochter abgeschlossen. Tritt der Versicherungsfall ein (Großvater stirbt), bekommt die bezugsberechtigte Person (die Enkeltochter) die vereinbarte Summe durch das Versicherungsunternehmen.
5. Was ist eine Kettenschenkung?
Eine Kettenschenkung ist eine besondere Form der Schenkung.
Hintergrund: Schenkungen sind steuerpflichtig, wobei die Steuern durch die Ausnutzung der Freibeträge umgangen werden können.
Um die Steuerlast so weit wie möglich zu senken, werden häufig Kettenschenkungen durchgeführt.
Ein Beispiel zur Erklärung:
Opa B. möchte seiner Enkeltochter 300.000 Euro schenken. Der Freibetrag liegt bei 200.000 Euro, die Steuer ist auf elf Prozent festgesetzt. Würden die kompletten 300.000 Euro verschenkt, müsste die Enkeltochter 11.000 Euro Steuern zahlen. Das ist verständlicherweise nicht gewünscht. Opa B. schenkt seiner Enkelin somit erst einmal nur die 200.000 Euro, die steuerfrei bleiben. Die übrigen 100.000 Euro erhält Tochter Pauline, die das Geld an ihre Tochter – Opas Enkelin – weiterschenken soll. Die Schenkungen bleiben innerhalb der gültigen Freibeträge, eine Schenkungssteuer wird nicht fällig.
Doch: Die Kettenschenkung ist verboten und wird als Gestaltungsmissbrauch ausgelegt. Kommt das Finanzamt dahinter, wird es die Schenkungen ungültig machen bzw. auf Zahlung der Steuer bestehen.
Das Finanzamt darf demnach nicht den Eindruck gewinnen, dass ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Daher sind die folgenden Aspekte wichtig:
- Die Schenkung muss ohne Vorbehalte erfolgen. Das heißt, dass ein Beschenkter nicht die Auflage bekommen darf, dass er das Geschenk an eine andere Person weiterzuleiten hat.
- Identische Beträge sollten nicht an verschiedene Personen verschenkt werden. Erhält wie hier im Beispiel Tochter Pauline 100.000 Euro, sollte sie diese nicht eins zu eins an die Enkelin weiterleiten. Die zweite Schenkung sollte aus einem anderen Betrag bestehen.
- Die beiden Schenkungen dürfen nicht in zeitlichem Zusammenhang stehen. Zwischen den einzelnen Vorgängen sollte genügend Zeit verstreichen.
Damit lässt sich das genannte Beispiel noch einmal abwandeln:
Opa B. schenkt seiner Enkeltochter 200.000 Euro. Auch seine Tochter Pauline bekommt 100.000 Euro. Diese wiederum schenkt ihrer Tochter und damit Opas Enkelin nach einiger Zeit 70.000 Euro. Nach Ablauf mehrere Monate bekommt die Tochter noch einmal 30.000 Euro.
6. Weitere Arten der Schenkung
Neben den genannten Schenkungsarten kennt der Gesetzgeber noch weitere, die wir hier kurz vorstellen wollen:
6.1 Schenkung unter Auflage
Der Beschenkte erhält einen Vermögenswert, muss sich im Gegenzug dazu aber zur Ableistung einer Auflage verpflichten. Häufig schenken Großeltern ihren Kindern oder Enkelkindern zum Beispiel Wertpapiere oder Barvermögen unter der Auflage, dass diese die großelterliche Pflege übernehmen. Wichtig: Der Beschenkte muss seiner Verpflichtung erst nach der Schenkung nachkommen. Erfüllt er seine Auflagen nicht, darf das Geschenk zurückgefordert werden.#
6.2 Gemischte Schenkung
Auch hierbei wird eine Gegenleistung für das Geschenk vereinbart. Diese Gegenleistung ist aber in jedem Fall geringer als der Wert der Schenkung. Schenken die Großeltern ihrem Enkelkind beispielsweise Haus und Grundstück mit einem Verkehrswert von 400.000 Euro, das Enkelkind soll dafür aber 250.000 Euro zahlen, liegt eine gemischte Schenkung vor. Es gibt demnach einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Schenkungsteil. Der Schenkungsgegenstand kann nur zurückgefordert werden, wenn ein grober Undank des Beschenkten vorliegt und wenn der unentgeltliche Teil des Geschenks größer ist als der entgeltliche. Verarmt der Schenkende, kann er den Schenkungsgegenstand nicht zurückfordern, es besteht nur noch ein Geldanspruch.
6.3 Pflicht- und Anstandsschenkung
Dies ist eine Schenkung, die aufgrund einer auf Anstand beruhenden Rücksicht vorgenommen wird. Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke gehören ebenso dazu wie Unterhaltszahlungen an Geschwister. Diese Art der Schenkung kann nicht widerrufen oder zurückgefordert werden.
Tipp: Es ist auch möglich, andere Vermögenswerte wie Eigenheime, vermietete Wohnungen oder auch Gewerberäume zu Lebzeiten zu verschenken oder per Testament an bestimmte Erben zu übertragen. Wie genau das geht, behandeln wir im zugehörigen Beitrag „Immobilienschenkung“.
Haftungsausschluss
Die auf diesem Beitrag bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung oder Steuerberatung dar und sollen keine rechtlichen und steuerlichen Fragen oder Probleme behandeln, die im individuellen Fall auftreten können.
Die Informationen auf dieser Website sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Wenn Sie rechtlichen Rat für Ihre individuelle Situation benötigen, sollten Sie den Rat von einem qualifizierten Anwalt oder Steuerberater einholen.
Autor dieses Beitrages: Jürgen Busch
Aus dem Themenschwerpunkt: Erben
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