1. Änderung der Erbfolge, wenn Oma oder Opa wieder heiratet

Im Alter noch einmal zu heiraten ist ein Phänomen, das mit rund 13,9 Prozent an allen Hochzeiten relativ konstant auftritt. Meist freut sich die Familie auch mit demjenigen, der im Seniorenalter noch einmal die große Liebe gefunden hat.

Doch die Freude währt meist nur solange, wie es nicht um das Erbe geht. Zum einen gilt der aktuelle Ehepartner als pflichtteilsberechtigt, zum anderen verschieben viele Neu-Verheiratete ein Erbe zugunsten des neuen Partners.
Das wiederum kann das Erbe der Kinder schmälern und für Unruhe und Zank in der Familie sorgen.

Will Oma oder Opa also wieder heiraten, ist auf der einen Seite mit Unzufriedenheit bei den Kindern zu rechnen, auf der anderen Seite sollte eine eventuell zu ändernde Erbfolge unbedingt testamentarisch festgelegt werden.

Änderung der Erbfolge - Oma oder Opa heiratet erneut

Oma oder Opa heiratet erneut

2. Das Wissen um die Erbfolge fehlt meist

Natürlich ist den meisten Senioren bewusst, dass sie sterben können.
Doch jetzt, wo die Hochzeit ansteht und die zweite (oder dritte) große Liebe zum festen Bestandteil des Lebens werden soll, macht sich darüber kaum jemand Gedanken. Ein Fehler, wie Erbrechtsanwälte wissen.
Häufig fehlt die Kenntnis über eine möglicherweise geänderte Erbfolge und der Gang zum Rechtsanwalt wird erst angetreten, wenn es Erbstreitigkeiten gibt.
Zu dem Zeitpunkt bilden die eigenen Kinder aber bereits mit dem neuen Ehepartner eine Erbengemeinschaft, die sich den Nachlass teilen soll.
Die Konsequenz, dass der neue Ehepartner erbberechtigt wird und sich das Erbe der Kinder reduziert, sorgt allein für unglaublichen Zündstoff.
(Lese doch auch unseren Beitrag: Erbfolge – Kinder und Enkelkinder)

Existiert kein Testament, halbiert sich das Erbe der Kinder, denn der neue Ehepartner bekommt 50 Prozent, die restlichen 50 Prozent müssen sich die Kinder teilen.

Ein Beispiel:

Herr Friedrich hinterlässt bei seinem Tod eine Immobilie im Wert von 400.000 Euro sowie Bargeld und Wertpapiere in Höhe von 120.000 Euro. Die aktuelle Ehefrau hat nun Anspruch auf die Hälfte und damit auf 260.000 Euro, dabei eben auch auf die Hälfte des Hauses. Spätestens jetzt gibt es Probleme, denn die Kinder sind in dem Haus aufgewachsen und müssen die Witwe ihres Vaters nun ausbezahlen oder sich selbst auszahlen lassen. Letzteres wiederum würde den Verlust des Elternhauses bedeuten. Streit ist vorprogrammiert.

Hätte Herr Friedrich nicht erneut geheiratet, würden seine Kinder je zur Hälfte erben, die Frau an Vaters Seite ginge leer aus.

Ein anderes Beispiel für Probleme, die sich ohne Testament ergeben können:

Herr Sommer hat erneut geheiratet und verstirbt nun. Sein Vermögen geht zur Hälfte an seine Kinder, zur anderen Hälfte an die neue Ehefrau, die jetzt seine Witwe ist. Diese hatte aber ebenfalls ein Kind mit in die Ehe gebracht. Stirbt nun Witwe Sommer, bekommt ihr Kind den kompletten Erbanteil und hat damit am Ende 50 Prozent des Gesamtvermögens, während die beiden Kinder von Herrn Sommer nur je 25 Prozent des väterlichen Vermögens geerbt haben.

3. Immobiliennutzung zu Lebzeiten regeln

Gerade Immobilien stellen sich immer wieder als problematisch dar, da ihr Wert nicht in monetärer Form vorliegt. Erhebt ein Erbberechtigter Ansprüche auf seinen Teil der Immobilie, muss er zumindest ausbezahlt werden. Das kann für die Erben eine nicht tragbare finanzielle Belastung sein.
Es ist daher empfehlenswert, beispielsweise den Kindern eine Immobilie testamentarisch zu übertragen und dem aktuellen Ehepartner ein Wohn- oder Nießbrauchrecht zuzugestehen.

Dieser ist damit zumindest wohntechnisch abgesichert und kann in dem gemeinsamen Heim bleiben, den Kindern geht ihr Elternhaus aber nicht verloren.

4. Nacherbschaft sichert das Vermögen

Eine andere Variante, mit der sich das Vermögen sichern und der Partner dennoch finanziell absichern lässt, besteht über die Nacherbschaft.
Damit bekommt der hinterbliebene Partner zwar erst einmal sein Erbe, darf dieses aber nicht an andere übertragen, verschenken oder vererben.
Die Witwe/der Witwer darf das Vermögen lediglich nutzen, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Stirbt der hinterbliebene Partner, erben die Kinder diesen Teil des Vermögens ihres Elternteils.

Sollen die Kinder allerdings so wenig wie möglich bekommen, muss der Ehepartner seinen Gatten/seine Gattin als Alleinerben einsetzen.
Die Kinder erhalten dann nur noch den Pflichtteil.

Dazu ein Beispiel:

Frau Winter ist von ihrem Mann geschieden. Stirbt sie, erhalten nur die drei Kinder jeweils ein Drittel des Vermögens. Hätte sie zuvor noch einmal geheiratet und in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, bekämen die Kinder je ein Sechstel des Vermögens.

5. Den Nachlass per Testament regeln

Wer wieder heiratet, sollte, um Unklarheiten und Streitigkeiten vorzubeugen, ein Testament aufsetzen.
Dies gilt schon allein vor dem Hintergrund, dass mit der Heirat alle Kinder gleich erbberechtigt sind, also auch die (schon erwachsenen) Kinder des neuen Partners oder der Partnerin. Gerade bei einer Heirat zwischen Senioren ist es jedoch meist so, dass der persönliche Bezug zu den erwachsenen Kindern des Partners weniger eng ist.
Warum sollten diese Personen den leiblichen Kindern gleichgestellt sein, was das Erbe angeht?
Um das zu verhindern, ist das Testament sinnvoll.
Dieses „Testament wegen Wiederheirat“ ermöglicht die Bestimmung einer abweichenden Erbquote, wobei der Pflichtteil des neuen Ehegatten nicht berührt wird.
Dieser beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil ist neben Verwandten der ersten Ordnung auf ein Viertel des Nachlasses festgelegt, was in § 1931 BGB geregelt ist. Der Pflichtteil davon ist ein Achtel.

Ein praktisches Beispiel:

Peter L. hat ein Kind aus erster Ehe. Er heiratete Luise M., möchte aber sein Kind aus erster Ehe zum Alleinerben bestimmen. Luise bekommt nach Peters Tod ein Achtel seines Vermögens als Pflichtteil. Peters Kind erhält den Rest. Alternativ ist es möglich, dem Kind bestimmte Wertgegenstände aus dem Nachlass zu übertragen. Auch die Festlegung einer anderen Erbquote ist möglich, dann werden beispielsweise 60 Prozent an das Kind vererbt. Gesetzlich vorgeschrieben wären 50 Prozent.
Wichtig: Das Testament muss rechtsgültig sein.

6. Was passiert mit dem gemeinschaftlichen Testament aus erster Ehe?

Opa hat mit Oma ein gemeinschaftliches Testament verfasst, sich dann aber von ihr scheiden lassen. Was passiert nun mit dem Ehegattentestament, wenn Opa erneut geheiratet hat, nun jedoch verstorben ist?
Ganz einfach: In der Regel kann das Ehegattentestament nicht fortbestehen. Es wird zu dem Zeitpunkt unwirksam, wenn die Scheidung für rechtsgültig erklärt wird. Für Oma ist es daher nicht von Belang, wenn Opa in seiner zweiten Ehe verstirbt – zumindest rein finanziell nicht.

Es ist jedoch möglich, dass auch ein Ehegattentestament fortbesteht.
Dafür ist jedoch die ausdrückliche Zustimmung bei der Scheidung, dass das Testament weiter bestehen soll, nötig. Dies regelt das BGB in § 2268 Abs. II. Im besten Fall enthält das Testament dazu eine eigene Klausel, die sich auf die Wiederheirat bezieht („Klausur für eine Wiederheirat“). Darin kann geregelt werden, wie mit den wechselbezüglichen Verfügungen des Ehegattentestaments umzugehen ist, wenn einer der Partner wieder heiratet. Wurde derart verfahren, muss das immer noch geltende Ehegattentestament bei einem neuen Testament berücksichtigt werden. Eine Neuverfügung über das Vermögen ist nur noch im Rahmen des gemeinschaftlichen Testaments möglich.

Sofern keinerlei Regelungen getroffen wurden, verfallen alle Verfügungen mit der Wiederheirat. Opa kann über sein Vermögen beliebig verfügen und ein neues Testament zugunsten seiner zweiten Ehefrau (oder zugunsten der Kinder) aufsetzen.

7. Wer erbt bei Wiederheirat, wenn keine Kinder vorhanden sind?

Gibt es keine Kinder aus der ersten Ehe und hat Oma wieder geheiratet, stellt sich für den Partner aus erster Ehe die Frage, ob er nun zum Erben werden kann. Nein, die gesetzliche Erbfolge regelt auch ohne gemeinsame Kinder, dass die Scheidung alle Ansprüche aufhebt.

Der aktuelle Ehepartner erbt die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte geht an Eltern oder Geschwister des Erblassers. Der neue Ehepartner kann auch drei Viertel erben, wenn keine Eltern oder Geschwister vorhanden sind. Das letzte Viertel kann in dem Fall auch an die Großeltern und deren Abkömmlinge gehen.
Liegt eine Wiederheirat unter Senioren vor, ist diese Variante allerdings schon allein aufgrund des Alters eher unwahrscheinlich.
Sind keine Verwandten – auch sehr weit entfernte Verwandte – mehr vorhanden, erbt der Staat. Ohne oben beschriebenes Testament geht der erste Ehepartner definitiv leer aus.

Haftungsausschluss

Die auf diesem Beitrag bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung oder Steuerberatung dar und sollen keine rechtlichen und steuerlichen Fragen oder Probleme behandeln, die im individuellen Fall auftreten können.
Die Informationen auf dieser Website sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Wenn Sie rechtlichen Rat für Ihre individuelle Situation benötigen, sollten Sie den Rat von einem qualifizierten Anwalt oder Steuerberater einholen.

Autor dieses Beitrages: Jürgen Busch
Aus dem Themenschwerpunkt: Erben

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