1. Das Enkelkind beim Erbe bevorzugen

Oma und Opa haben ein Lieblingsenkelkind, welches sie gern als Erben einsetzen möchten.

Die Unsicherheit ist groß: Geht das überhaupt? Oder haben alle Enkel den gleichen Erbanspruch? Und was ist mit dem Pflichtteil der übrigen Erbanspruchsberechtigten, wenn per Testament verfügt wurde, dass nur das Lieblingsenkelkind das gesamte Vermögen bekommen soll?
Antworten haben Fachanwälte für Erbrecht und Notare.
Großeltern sollten sich frühzeitig zu diesem Thema informieren, wenn sie ein Enkelkind beim Erbe bevorzugen wollen.

Enkel als Erbe einsetzen
Dein Enkelkind als Erbe einsetzen

2. Das sagt das Gesetz zum Vererben an die Enkel

Grundsätzlich können Enkelkinder durch die gesetzliche Erbregelung oder durch das Vererben über ein Testament erben. Liegt kein Testament vor, gilt das gesetzliche Erbrecht, bei dem zuerst die Kinder erben und erst danach die Enkel.
Eltern, Geschwister, Großeltern, Onkel und Tanten folgen erst nachrangig. Enkelkinder sind so lange vom Erbe ausgeschlossen, solange die Kinder des Erblassers noch leben. Ist ein Kind jedoch bereits verstorben, können die Nachkommen erben.

Wenn die Großeltern ein Testament verfassen, können sie dort frei über ihr Vermögen verfügen. Denn: In Deutschland gilt die sogenannte Testierfreiheit, bei der es jedem Erblasser selbst überlassen ist, an wen er sein Vermögen in welcher Höhe vererben möchten.
Die Kinder müssen nicht per Gesetz als Erbe eingesetzt sein.
Dabei kann ein Erblasser viele Gründe haben, warum die eigenen Kinder nichts erben sollen: Vielleicht hat man sich auseinandergelebt oder Opa ist der Meinung, dass Sohn und Tochter wirtschaftlich bereits gut versorgt sind. Dann doch lieber die Enkel finanziell unterstützen, mag sich mancher denken.

3. Pflichtteil beachten!

Bei der Gestaltung der Erbfolge ohne die Kinder müssen Großeltern jedoch einige Punkte beachten. Denn: Kinder haben nach §§ 2303 ff. BGB einen Anspruch auf den Pflichtteil, der auch dann besteht, wenn über ein Testament geregelt ist, dass das gesamte Vermögen an eines oder mehrere Enkel gehen soll.

Der Pflichtteil gilt auch als Erbersatzanspruch und entsteht immer dann, wenn die nächsten Erben aus der Erbfolge ausgeschlossen werden. Er beläuft sich auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils desjenigen, der vom Erbe ausgeschlossen werden soll. Ein enterbtes Kind kann damit Ansprüche gegen das Enkelkind geltend machen.

Beispiel - Enkel als Erbe einsetzen

Beispiel: Enkel als Erbe einsetzen

Beispiel: Enkel als Erbe einsetzen

Opa ist bereits Witwer und hat eine Tochter. Diese wiederum hat einen Sohn, der vom Opa als Alleinerbe im Testament benannt wird. Die Tochter soll damit von der Erbfolge ausgeschlossen werden.
Doch: Sie hat einen Anspruch auf den Pflichtteil!
Das gesamte Erbe würde für die eigentlich alleinige Erbin den gesamten Nachlasswert umfassen. Da sie per Testament ausgeschlossen werden sollte, erbt sie nur noch in Höhe des Pflichtteils und damit 50 Prozent des gesamten Vermögens.
Gesetzliche Pflichtteilsansprüche können somit den Wunsch, den Lieblingsenkel als Alleinerben einzusetzen, durchkreuzen.
Dies gilt natürlich nur, wenn die rechtmäßigen Erben ihre Ansprüche gegenüber dem begünstigten Enkelkind geltend machen.

4. Umgehen von Pflichtteilsansprüchen über Schenkungen

Der gesetzliche Pflichtteilsanspruch ist nur in wenigen Ausnahmefällen zu umgehen.
Hat der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser nach dem Leben getrachtet, ist dies ein solcher Fall, in dem ein Enterben möglich ist.
Ansonsten kann der Anspruchsberechtigte auch einen notariellen Pflichtteilsverzicht unterzeichnen. Dies ist jedoch nur auf freiwilliger Basis möglich.
Alternativ sind lebzeitige Vermögensübertragungen ein Weg, um den Enkeln einen Großteil des Vermögens zukommen zu lassen und die Pflichtteilsrechte der eigenen Kinder zu senken.
Wichtig: Die Schenkungen müssen zehn Jahre her sein, damit sie beim Tod des Erblassers nicht mehr angefochten werden können.
Derartige Schenkungen müssen sich nicht nur auf Geld beziehen, sondern auch
Immobilien oder das teure Auto können an den Enkel oder die Enkelin verschenkt werden. Sach- oder Geldwerte können steuerfrei alle zehn Jahre an die Enkel verschenkt werden, wenn sie einen Wert von 400.000 Euro nicht übersteigen.
Wer mehr verschenken möchte, muss die Schenkungssteuern zahlen, wobei der Steuerhöchstsatz bei 15 Prozent des geschenkten Wertes liegt.
Das sind bei einem Vermögen von 500.000 Euro immerhin 75.000 Euro!
Wer hohe Werte verschenken möchte, sollte daher rechtzeitig mit der Aufteilung anfangen und das Vermögen entsprechend splitten.

Tipp: Du möchtest deinem Enkelkind das Geld zukommen lassen, das für deine eigene Bestattung nötig sein wird?
Dann ist ein Vorsorgevertrag die bessere Wahl und einer Schenkung vorzuziehen. Dies gilt ebenso für die Sterbegeldversicherung, denn diese ist durch ihre Zweckbindung vor einer Pfändung oder Anrechnung auf Sozialhilfe bzw. im Rahmen einer Privatinsolvenz geschützt. Damit lassen sich eventuell höhere Schenkungsbeträge umwandeln, der Teil des Vermögens ist vor dem Zugriff des Finanzamts geschützt.

Pro Jahr der Schenkung verringert sich der Anspruch, den die Pflichtteilsberechtigten geltend machen können, um zehn Prozent. Das heißt, dass im siebten Jahr der Schenkung nur noch ein Anspruch auf 30 Prozent des Gesamtwertes besteht. Solche Berechnungen sind nicht nur bei Geldwerten wichtig, sondern spielen auch bei der Immobilienübertragung eine wichtige Rolle.
Möchte das Enkelkind das von den Großeltern geerbte Haus weiter bewohnen, muss es seine anspruchsberechtigten Eltern auszahlen. Nicht umsonst wird schenkungswilligen Großeltern geraten, derartige Übertragungen so frühzeitig wie möglich in die Wege zu leiten.

5. Eine Frage des Geldes: Wie viele Erbschaftssteuer entfällt auf die erbenden Enkel?

Das Gesetz unterscheidet zwischen erbenden Enkeln, deren Eltern noch leben und solchen, deren Eltern bereits gestorben sind.
Sind die Kinder des Erblassers und damit die Eltern des Enkels noch lebendig, beträgt der Steuerfreibetrag für erbende Enkelkinder 200.000 Euro.
Bei bereits verstorbenen Kindern, die die Enkelkinder zu (Halb-)Waisen gemacht haben, ist der Freibetrag mit 400.000 Euro deutlich höher.
Enkel gehören in die Steuerklasse I, was jedoch nichts mit der Lohnsteuerklasse zu tun hat.
Als Faustregel gilt: Je näher der Verwandtschaftsgrad, desto geringer die Steuern im Erbfall. In Steuerklasse 1 richten sich die Steuerbeträge nach der Höhe des Vermögens, das vererbt wird. Zwischen 7 und 30 Prozent werden berechnet. Der Höchstsatz gilt allerdings erst bei einem großen Vermögen ab 26 Millionen Euro, das vererbt wird.
Dann werden 30 Prozent für die Steuer fällig.

Vermögen, Geld an Enkel vererben

Vermögen wie Geld, Sparverträge an Enkel vererben

6. Verträge zugunsten Dritter abschließen

Die Bank kann helfen, die zu vererbenden Werte an die Enkelkinder zu übertragen.
Der Schlüssel ist dabei der „Vertrag zugunsten Dritter“, der bei der eigenen Bank mithilfe eines einfachen Formulars beantragt werden kann.
Damit wird verfügt, dass das Sparguthaben, das sich noch auf einem Konto befindet, beim Tod des Opas oder der Oma an das Enkelkind, das im Vertrag genannt ist, übergeht.
Im Sterbefall muss der betreffende Enkel nur noch zur Bank gehen und die Umschreibung des auf dem Konto befindlichen Guthabens auf das eigene Konto beantragen.
Der Vorteil für die vererbenden Großeltern ist klar: Sie bleiben bis zu ihrem Tod allein verfügungsberechtigt und können das Geld, das sich auf ihrem Konto befindet, noch weiterhin nutzen. Selbst für den Fall, dass sie das Konto komplett leerräumen, gibt es keine rechtliche Handhabe für den Enkel.
Dieser muss im Todesfall seiner Großeltern mit dem zufrieden sein, was noch auf dem Konto verblieben ist.

Urenkel als Erbe einsetzen

Urenkel als Erbe einsetzen – im Testament benennen

7. Können Urenkel etwas erben?

Urenkel erfreuen ihre Urgroßeltern immer häufiger noch lange Zeit, da die Menschen heute immer älter werden.
Doch: Urenkel haben keinen Pflichtteilsanspruch auf das Erbe der Großeltern. Sie erben nur dann, wenn sie im Testament bedacht wurden oder wenn sie durch die gesetzliche Erbfolge zum Erben werden.
Dies ist der Fall, wenn das Kind und die Enkel des Erblassers bereits verstorben sind, die Urenkel aus dieser Linie aber noch leben.
Hier gilt ebenfalls: Wurden diese Urenkel enterbt, können sie ihre Ansprüche auf den Pflichtteil geltend machen.

Enkelkind vom Erbe ausschließen
Enkelkind vom Erbe ausschließen

8. So werden Enkelkinder von der Erbfolge ausgeschlossen

Enkel können gänzlich von einer Erbschaft ausgeschlossen werden, wenn eine Vor- und Nacherbenschaft angeordnet worden ist.
Denn: Sterben die eigenen Kinder irgendwann, könnten die Enkel wiederum zu Erben werden. Wer das verhindern möchte, setzt die Kinder als Vorerben ein und benennt andere Personen oder nur die Enkel, die etwas erben sollen, als Nacherben.

Durch eine entsprechende Verfügung kann der Erblasser zudem ausschließen, dass die Enkel im Rahmen eines nachgelagerten Erbgangs etwas erben.
Der Pflichtteilsanspruch der Enkelkinder wird damit aber nicht ausgeschlossen.

Autor dieses Beitrages: Jürgen Busch
Aus dem Themenschwerpunkt: Erben

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